Mittelrheinliga 29. Spieltag / Sonntag, 4.6.23, 15:00 Uhr / FC Hürth – Eintracht Hohkeppel 3:4

von Torsten Weyers

Auch wenn man mit Blick auf die anderen Begegnungen des Spieltags durchaus eine Rechnung aufmachen konnte, dass selbst nach einer Niederlage dem FC Hürth der Klassenerhalt winkt, wäre es sicher fahrlässig gewesen, mit diesem Gedanken ins Spiel zu gehen. Darum wollte Hürth zumindest einen Punkt. Hohkeppel gerne auch mehr, denn da ging es um die Behauptung von Platz 5 gegenüber dem Lokalrivalen Bergisch Gladbach. Unter diesen Vorzeichen gingen beide Teams von Beginn an erstaunlich angriffslustig zugange. Hürth in einer 4-4-2 Formation mit offensiven Außen, die Hohkeppeler in einer 4-3-2-1 Grundformation, die noch mal eine gute Spur offensiver daherkam. Das Wortteil „offen“ aus „offensiv“ wurde dann auch zum Synonym des Spiels.

Schon in der 5. Minute kam der FCH zu seiner ersten Ecke. Wie üblich hereingebracht von Keshta, aber mit einer neuen (oder dem Verfasser zuvor nicht aufgefallenen) Variante. Nur ein Angreifer im Strafraum und die anderen ziehen nach Ausführung rein. Ging direkt auf. Die Eintracht deckte den leeren Raum, fand keinen Zugriff, Plavulj lief genau passend und köpfte das 1:0. Die frühe Führung schien die Hürther überrascht und den Hohkeppeler Durgun wütend gemacht zu haben, so dass er in der 7. Minute unangefochten über den halben Platz lief, auf Tiziano nach außen passte, der nach innen zu Mimini, der die erste Chance für Hohkeppel aber vergab. Die nächsten acht Minuten dominierte Hohkeppel das Spiel. Hürth kam kaum an den Ball, Hohkeppel aber auch zu keinen Chancen. Dann folgte die erste Phase des Hürther Chancenwuchers. 16. Minute: Direkter Gegenzug nach einer Ecke, Schuss Plavulj, Parade Brauer. 17. Minute: Hohkeppel hinten extrem offen und unsortiert, Keshta nutzt das aus, aber leider ohne Torerfolg. 18. Minute: Wieder viel Platz für Hürth nach Konter. Plavulj setzt sich abermals gut durch, sein Pass kommt aber nicht ganz bei dem in aussichtsreicher Position stehenden Keshta an. 19. Minute: Schuss von Loppe, Brauer lenkt den Ball gerade noch zur Ecke. Vier gute Chancen in vier Minuten, kein Tor. Auf der Tribüne kursierten die bekannten Sprüche zu dem Thema, was sich in einem Spiel so alles rächen kann. Bis zur Trinkpause in der 22. Minute war Hürth die bessere Mannschaft. Danach spielte Hohkeppel zwar weiterhin etwas systemlos, bestach aber durch seine individuelle Klasse und dominierte fortan bis zur Halbzeit das Spiel. In der 32. Minute hatte Kraus eine Ecke mit seiner Faustabwehr an sich gut geklärt, seine Mitspieler konnten den Ball außerhalb der Gefahrenzone aber nicht verarbeiten, so dass er in diese zurückkehrte, wo sich Lubaca dann die Chance nicht nehmen ließ und zum 1:1 ausglich. Sieben Minuten später die nächste Chance für den Gast. Tiziano legte auf Teixeira ab, sein Schuss ging knapp vorbei. Der Druck nahm weiter zu und Hürth versuchte sich durch Konter zu befreien, was aber eher zu einer unkontrollierten Offensive führte und so Lücken in die Abwehr riss. Eine solche sah Mimini in der 41. Minute und passte auf Cetin, der aus 14m halbrechts unhaltbar zum 1:2 einschoss.

In der zweiten Halbzeit begann das Spiel dann erst mal was ruhiger. Dachte man. Ein eigentlich harmloser Einwurf rund 30 Meter vom Tor entfernt öffnete erneut zu viel Raum in der Hürther Abwehr, den Tokac so nutzte, dass er nicht mehr eingeholt werden und sicher das 1:3 (49.) schießen konnte. Als man schon dachte, das war’s dann wohl, kam Hürth durch Ito (nach langer Zeit, rechnet man die erste Halbzeit ab der 22. Minute mit) mal wieder zu einer gefährlicheren Situation (54.). Vielleicht gab das den Ruck zu erkennen, dass doch noch was geht. Denn die nächsten 18 Minuten war plötzlich wieder der FC Hürth das dominante Team und bot angetrieben vom unermüdlichen Loppe sowie den offensiven Ballverwertungen von Plavulj seine zweite starke Phase im Spiel. Diese führte in der 61. Minute zu einem feinen Spielzug: Plavulj auf Loppe, der könnte fast schon abschließen, schafft es aber nicht, umkurvt daher noch einen Gegenspieler und flankt auf Ito, der per Flugkopfball das 2:3 erzielt. Nur eine Minute später setzt sich Plavulj wieder durch, spielt Ganzhorn rund 15m vor dem Tor frei, der aber leider drüber schießt. Kurz durchatmen, aber weiter mit der Spielbestimmung, bis der eingewechselte Gaun in der 71. in den 16er flankt, wo Keshta den Ball per Dropkick knapp übers Tor bugsiert. Eine Minute später ist es dann verdientermaßen so weit. Der Ball kommt von Ito zu Kato, der mit einem platzierten Schuss den 3:3-Ausgleich markiert. Postwendend übernahm Hohkeppel wieder das Spiel und deutete in der 81. Minute mit Fiedlers Kopfball per Halbchance an, dass man mit einem Remis nicht zufrieden ist. Vier Minuten später folgte dann das 3:4 durch Pektürk, dass so nicht unbedingt hätte fallen müssen. Keine Großchance, unnötig verlorene Zweikämpfe im Voraus, dann stand der Schütze, obwohl zentral am 16er, ziemlich allein und sein Schuss wurde zu allem Übel auch noch abgefälscht. Die Eintracht hatte nun im Sinne von radikalen Drehungen in einem Fußballspiel dazu gelernt, verhielt sich kompakter und legte mit einem gefährlichen Schuss von Teixeira, den Kraus gut hielt, noch nach. Dennoch kam Hürth in der 90.Minute noch zu einer Chance. Keshta hatte einen Freistoß von halbrechts gefährlich in den 5m-Raum gebracht, aber Eintracht-Keeper Brauer reagierte schneller als Kursunlu. 

Ein Spiel mit vielen Gesichtern, in der Form, dass beide Teams abwechselnd und teilweise radikal die Überhand hatten, was Offensivaktionen und Chancen anging. In Gänze kam Hohkeppel zwar auf mehr Spielanteile, dafür hatte Hürth mehr und auch bessere Chancen. Insofern kann man von einer unglücklichen Niederlage sprechen. Ein Punkt wäre sicher verdient gewesen. Auch noch oder gerade, weil Hohkeppel sich zu sehr auf seine individuelle Klasse verließ und dabei taktische Defizite offenbarte.

Nun roch alles nach einem Endspiel am letzten Spieltag in Pesch. Da man aber auch die Mittelrheinliga halbwegs aktuell im Netz verfolgen kann, wusste man bereits um die Kehrtwende im Spiel Bergisch Gladbach gegen Glesch/Paffendorf (Endergebnis 3:1), den enormen Rückstand von Friesdorf in Vichttal (Endergebnis 11:3) und die Führung von Fortuna Köln II gegen Pesch (Endergebnis 2:0). Damit war der FC Hürth (12., 31 Pkt./Diff -16) trotz Niederlage gerettet. Pesch ist neben Arnoldsweiler abgestiegen. Glesch/Paffendorf (13., 30/-19) kann noch vorbeiziehen und so den FC Hürth auf Platz 13 stoßen. Ein solches Vorbeiziehen dürfte Friesdorf (14., 28/-47), selbst bei einer Hürther Niederlage in Pesch, aufgrund des Torverhältnisses aber nicht mehr gelingen.

Somit geht der FC Hürth in der kommenden Saison in seine 15. Fünftligasaison, die zehnte in Folge. Beendet wird sie, abgesehen vom Abstieg 2012/13, vermutlich mit der schlechtesten Platzierung in der MLR-Vereinshistorie. Wobei: Die Plätze 9 (wie 17/18) oder 10 (wie 11/12) wären mit einem Sieg in Pesch noch drin. Und beachten sollte man, es war eine von Personalausfällen getränkte Saison. Dazu eine aufreibende, aber auch sehr spannende, die hier und da mehr Zuschauer verdient gehabt hätte.

FCH: Kraus – Bonsu, Fleischer, Golz, Park – Ganzhorn (68. Gaun), Loppe (83. Sabuktekin), Kato (89. Kursunlu), Plavulj – Keshta, Ito (83. Okutan) –  

Ersatz: Mehl (T), Kölmel, L. Göker, Yalcin, Tchakoumi, Kametas – Trainer: Heitmann

EH: Brauer – Cetin, Fiedler, Baumann, Löbe (90. Marquardt) – Durgun, Teixeira, Ard. Mimini (56. Pektürk) – Tiziano (61. Kabambi) , Tokac (89. Rusian) – Lubaca (78. Glowacz) –  

Ersatz: Park (T), Sekkour – Trainer: Temür

Tore (Assist): 1:0 Plavulj (5., Keshta), 1:1 Lubaca (32., —), 1:2 Cetin (41. Ard. Mimini), 1:3 Tokac (49. Lubaca), 2:3 Ito (61. Loppe), 3:3 Kato (72. Ito), 3:4 Pektürk (85., Durgun)

Torchancen: 10:6 (OA: 45:39/CM: 12:11) – Ecken: 4:7

Gelbe Karten: 1:3 – SR: Marcel Cholewa – Zuschauer: 100

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